Titel: Sonntagskind
Projekt: Biografie
Kunde: Hermann Münzner
Leistung: Ghostwriting
Titel: Sonntagskind
Projekt: Biografie
Kunde: Hermann Münzner
Leistung: Ghostwriting
Am Sonntag nach Ostern wurde in der Lübecker Straße in Berlin-Moabit der kleine Hermann geboren, 3650 Gramm schwer und gesund.
Seine Mutter Alma war eine hübsche Frau, dunkelhaarig und mit großen, leicht schrägstehenden, hellgrauen Augen. Sie sang sehr gut und gerne. Fünf Jahre zuvor, im Jahr 1915, hatte sie sich – damals schon 27 Jahre alt – in einen jungen Mann verliebt, den sie auch heiraten wollte, wenn er aus dem Krieg nach Hause gekommen war. Doch der junge Mann, dessen Namen wir nicht kennen, fiel und kehrte nie wieder zurück. Alma bekam ganz alleine im Herbst 1916 ihr Baby, einen kleinen Jungen: Hans.
Für Alma war das eine schlimme Situation. Zu damaliger Zeit war es eine Schande und ein großer Makel, als unverheiratete Frau ein Kind zu bekommen. Sie musste die Schwangerschaft verbergen, in den letzten Wochen traute sie sich kaum noch auf die Straße und verließ das Haus schließlich gar nicht mehr. Während das Baby zur Welt kam, nähte die Stiefmutter laut ratternd auf der Nähmaschine, denn die Nachbarn sollten Alma nicht hören. Dazu kam, dass Alma kaum eine Chance mehr hatte, noch einen Mann zu finden, denn „solche Mädchen“ heiratete ein anständiger Mann nicht! […]
Alma hatte Glück: Als Hermann am 30. April 1919 aus der Armee entlassen wurde, dauerte es nur noch 56 Tage, bis die beiden am 25. Juni 1919 heirateten. Er adoptierte den kleinen Hans und gab ihm seinen Namen. Wenige Wochen später zog die junge Familie nach Berlin.
Sie fanden eine Wohnung in Moabit, Hermann bewarb sich mit seinem guten Zeugnis beim Finanzamt und wurde auch sofort in den Beamtenstand übernommen. Das entsprach sicherlich seinem Streben nach Sicherheit und Solidität. Beamte verdienten damals recht wenig, aber der Job war sicher und man hatte Pensionsansprüche.
Der gemeinsame Sohn wurde nach seinem Vater ebenfalls Hermann genannt. Nun war die Familie vollständig. Der kleine Hermann war ein entzückendes Baby mit den großen Augen seiner Mutter, aber leuchtend blau. Er gedieh und wuchs zu einem großen, hübschen Knaben heran. Mit zwölf Jahren musste er sich bereits rasieren und war schon 1,86 Meter groß.
Schon ganz früh entdeckte er seine Begeisterung für den Sport. Während Freunde und Nachbarsjungen der Hitlerjugend beitraten, meldete Hermann sich im Sportverein Berlin Moabit an. Dort war er so erfolgreich, dass der Verein ihn ständig einsetzte. Für die Hitlerjugend blieb keine Zeit. Und das wurde dort, wenn auch zähneknischend, akzeptiert.
Die Sportlerförderung hatte vermutlich bereits etwas mit der Planung der Olympischen Spiele 1936 zu tun. Denn dieses Ereignis warf seine Schatten weit voraus. […]
© 2024 Katharina Frier-Obad